
4. Der Bienenstich
Hektor spricht weiter: „…, du musst jetzt all deine Kraft auf diesen Bienenstich lenken.“ Hektor zeigt auf ein kleines, rotes Mal. „Vicky ist allergisch gegen Bienen, Emma.“ Emma blickt ihn ängstlich an und fragt vorsichtig: „Wenn ich die Energie dort hinlenke, kann ich sie retten?“ „Ja, wenn du dich konzentrierst, bis sie im Krankenhaus schon. Das ist eine der großen Tests für deine weitere Entwicklung. Pass genau auf und bleib bei der Sache, dann geht alles gut aus.“ „Bleibst du bei mir?“, will Emma wissen. „Das geht nicht, es ist deine Aufgabe, nicht meine. Eigentlich hätte ich dich nicht einmal aus der Ferne überwachen dürfen, aber naja, ich mag dich und ich spüre, dass du im Grunde deines Herzens ein gutes Wesen bist.“ Hektor lächelt kurz, dreht sich um und weg ist er. Die Szene beschleunigt wieder und Emma konzentriert sich auf den Bienenstich. Inzwischen kommt jemand angelaufen, mit dem Handy am Ohr. Scheinbar hat der Mann erkannt, dass sich das Baby in Gefahr befindet und hat schon die Nummer des Notrufs gewählt. Keine acht Minuten später fährt der Krankenwagen vor. Die Sanitäter übernehmen das Baby und fragen Selma, ob das Kind gegen irgendwas allergisch ist. Selma antwortet nur, dass sie keine Ahnung hat. In der ganzen Zeit konzentriert sich Emma auf den Stich. Bildlich hat sie vor Augen, wie sie die Luftröhre des kleinen Wesens frei hält. Die Energielast ist sehr hoch und Emma kämpft, aber die Sanitäter haben den Bienenstich schon entdeckt. Die Sanitäter spritzen Vicky etwas in die Vene und heben das Kind in den Wagen. Selma steigt hinzu und Emma setzt sich auf den Krankenwagen drauf. Sie will nicht im Weg sein, bei all den Menschen im Wageninneren. Emma spürt, wie die Spritze bei Vicky ihre Wirkung zeigt. Vicky ist außer Gefahr. Emma hat diesen doofen Test bestanden und ist sehr erschöpft. Den Rest an Energie wendet sie für die Beruhigung von Vicky auf. Es ist manchmal echt anstrengend, Hüter zu sein. Aber trotzdem ist Emma glücklich, sie hat Vicky am Leben erhalten, bis die Sanitäter übernommen haben. Ein unglaublich erhebendes Gefühl. Im Krankenhaus angekommen, bringen sie die Bahre, auf der Vicky mittlerweile schläft, zur Kinderstation. Emma biegt beruhigt bei der Säuglingsstation ab. Sie muss ich aufladen und was ist besser als das Stillzimmer. Vicky ist in guten Händen und Emma kann eine kurze Pause machen. Als sie aus dem Fenster blickt, erkennt sie das Auto von Charlene und Peter. Beide sind auf dem Weg zum Eingang des Krankenhauses. Das ist gut, denkt Emma bei sich. Das Laden der Energie dauert nicht sehr lange, fünf Minuten sind ausreichend. Normalerweise macht Emma das an ihrem Lieblingsplatz am Fluss. Die Natur ist die beste Ladestation. Aber jetzt kann Emma nicht gehen. Nach fünf Minuten geht sie erfrischt zur Kinderstation und sieht, wie Charlene auf Selma einredet. Emma nähert sich der Szene und hört, wie Charlene zu Selma lautstark sagt: „Wofür bezahlen wir Sie? Sie können unsere Kleine nicht einmal vor einer Biene beschützen! Wissen Sie was, sie sind gefeuert. Wir suchen uns jemand anderen, der besser geeignet ist, unsere Vicky zu beschützen!“ Selma weint, sie liebt doch Vicky so sehr. Sie dreht sich um und läuft aus dem Krankenflur durch die Tür hinaus. Charlene stürmt in das Krankenzimmer von Vicky und schließt die Tür. Peter steht verdutzt bei der Krankenschwester und scheint sich verloren zu fühlen. Emma ist traurig. Was passiert denn mit Vicky, ohne die Fürsorge von Selma. Da taucht plötzlich der Hüter Valentin auf. Er beschützt Peter. Plötzlich wird es warm im Krankenflur und die Szene friert wieder ein. „Hallo Emma, ich muss Peter etwas Energie geben, denn sein Herz ist schon schwer angegriffen und er weiß noch nicht einmal was davon. Diese Angelegenheit hier ist zu anstrengend für ihn.“ „Oh mein Gott, das wusste ich nicht“, erwidert Emma. „Ja klar, bis ja auch Vickys Hüterin nicht seine.“ Valentin lächelt sie an. „Ach ja, das vergesse ich immer. Bei so vielen Gefühlen hier im Haus ist das auch kein Wunder.“ „Du gewöhnst dich schon noch daran und lernst bestimmt schnell, alles nicht Wichtige auszublenden.“ Emma seufzt: „Das hoffe ich. Aber was passiert mit Peter?“ „Nun, ich weiß nicht, wie lange er es mit der Schreckschraube da drinnen noch aushält.“ Valentin deutet auf die Tür zum Krankenzimmer. „Ich muss wieder los, ein anderer Schützling lernt gerade Skateboarden. Das ist der helle Wahnsinn, sag’ ich dir.“ Er verpufft einfach, wie die meisten Hüter. Peter öffnet die Tür zum Krankenzimmer und Emma folgt ihm. In dem Zimmer ist es hell und freundlich. Aber Charlene dampft vor Zorn. Aber Emma spürt, dass der Zorn eher davon rührt, dass sie das Set hat verlassen müssen. Wie traurig, denkt sie bei sich. Vicky schläft und Peter setzt sich in die Ecke auf einen Stuhl. Charlene fängt erneut zum Toben an, aber Peter scheint ihr gar nicht zuzuhören. Emma steht in der Ecke und hört traurig zu.

